Mikroben und Infektionen
Wir leben in einer Welt voller Mikroorganismen wie Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten, von denen viele Infektionen verursachen können. Trotz der Verfügbarkeit von Hunderten von Antibiotika, antiviralen Mitteln, Antimykotika und Impfstoffen sind Infektionen immer noch eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Das Problem verschärft sich sogar, da die Anzahl der anfälligen Wirte zunehmen wird und mehr virulente, resistente Erregerstämme entstehen. Schätzungen zufolge werden in einigen Jahrzehnten die Todesfälle durch Infektionen diejenigen durch Krebs übertreffen.
Infektionen sind eine signifikante Ursache für Morbidität und Mortalität bei Patienten mit defekter Immunantwort, z.B. jene mit krebsbedingter Immunsuppression, Organtransplantationen, induzierten Immundefekten und bei Neugeborenen. Die Hospitalisierung auf Intensivstation kann das Risiko für solche Infektionen erhöhen.
Antimikrobielle Resistenz
Die antimikrobielle Resistenz ist ein natürliches Phänomen, das sich jedoch seit den 1990er Jahren - den goldenen Jahren der Antibiotika - dramatisch verschärfte. Wenn Mikroorganismen antimikrobiellen Medikamenten ausgesetzt sind, werden die empfindlichen abgetötet, während die resistenten überleben können und ihre Resistenzgene auf ihre Nachkommen übertragen. Bisher noch heilbare Infektionen können dann nicht mehr behandelt werden, die Keime verteilen sich weltweit.
Die weltweit unsachgemäße Verwendung und der Missbrauch von antimikrobiellen Mitteln und solchen von schlechter Qualität in den Entwicklungsländern verschärfte das Problem ebenso wie subtherapeutische Dosen von Antibiotika, die in der Tierhaltung als Wachstumsförderer und zur Verhütung von Krankheiten verabreicht werden. Resistente Mikroorganismen können sich über die Umwelt ausbreiten und durch die Nahrung von Tieren auf Menschen übertragen werden.
Das Auftreten und die Verbreitung von (mehrfach) Antibiotika-resistenten Bakterien ist heute ein Thema mit globaler Tragweite. Ein Überblick über die Bedrohungslage findet sich z.B.
hier.
Mit der zunehmenden Resistenz von Pathogenen gegen Antibiotika, einer älter werdenden Bevölkerung, einer Bedrohung durch Pandemien und dem Ausbleiben von neuen 'Zauberkugeln' aus der Pharmaindustrie besteht ein hohes Interesse an neuen Ansätzen zur Prävention und Behandlung von Infektionskrankheiten. In dem Bestreben, die hohe Abhängigkeit von antimikrobiellen Mitteln zu verringern, werden nicht-antibiotische, die Immunantwort verstärkende Substanzen von vorrangigem Interesse sein.
Unser Körper schützt sich vor Infektionserregern und von ihnen verursachte Schäden durch eine Vielzahl von spezialisierten Zellen und Molekülen, die zusammen das Immunsystem bilden. Seine Hauptaufgabe ist die Erkennung und Abtötung von Pathogenen, ohne dass es das gesunde Gewebe des Wirtes angreift. In den meisten Fällen arbeitet das Immunsystem perfekt und eliminiert Pathogene ohne Ausbruch einer Infektionskrankheit. In gewissen Situationen möchten Ärzte jedoch die antiinfektiven Charakteristika des Immunsystems verstärken.
Das Immunsystem von höheren Wirbeltieren ist mehrschichtig und besteht aus zwei Hauptkomponenten: der angeborenen und der adaptiven (erworbenen) Immunität.
Angeborene Immunität
Das angeborene Immunsystem ist eine universelle und frühe Form der Wirtsabwehr. Es ist die erste Verteidigungslinie gegen eine Vielzahl von Krankheitserregern und nicht spezifisch für individuelle Pathogene.
Wenn Mikroorganismen in den Körper eindringen, werden antimikrobielle Peptide freigesetzt und zersetzen die Hüllen vieler Mikroben. Blutzellen mit Toll-artigen und Nod-artige Rezeptoren erkennen mikrobielle Strukturen und aktivieren die Immunantwort. Makrophagen verschlingen und verdauen die Pathogene, Zytokine und Chemokine werden freigesetzt. Sie rekrutieren Phagozyten an infizierten Geweben, die eindringende Mikroben aufnehmen und töten. Natürliche Killerzellen erkennen und binden infizierte Wirtszellen und induzieren ihren Zelltod.
Die meisten Infektionserreger werden durch das angeborene Immunsystem innerhalb von Minuten bis zu einigen Stunden abgewehrt, ohne dass Krankheitserscheinungen auftreten. Wenn jedoch Mikroben die Eliminierung durch die ersten Verteidigungslinien erfolgreich unterlaufen konnten, mobilisieren dendritische Zellen des pathogenspezifischen angeborenen Immunsystems die sich langsamer entwickelnden Mechanismen der antigenspezifischen adaptiven Immunität.
Adaptive Immunität
Die adaptive (erworbene) Immunität kann Pathogene überwinden, die der Abwehr durch die angeborene Immunität entgangen ist. Im Vergleich zur angeborenen Immunität ist das adaptive Immunsystem in der Lage, Pathogene durch spezifische Erkennungsfunktionen von weißen Blutkörperchen gezielter zu eliminieren. Diese Lymphozyten können nahezu jede Fremdstruktur mit Hilfe hochspezialisierter Antigenrezeptoren auf ihrer Oberfläche erkennen und darauf reagieren.
Antikörper und aktivierte Lymphozyten, die durch eine adaptive Immunantwort produziert werden, sind sehr präzise und effiziente Instrumente zur Beseitigung von Krankheitserregern und anderen Fremdstrukturen. Nachdem die ursprüngliche Infektion abgewehrt worden ist, können sie über sehr lange Zeit fortbestehen, so dass eine schnellere und intensivere Reaktion auf eine zweite Exposition auch Jahre später erfolgen kann. Die Eigenschaften des adaptiven Immunsystems werden bei Vakzinierungen angewendet, seitdem Edward Jenner erstmals 1796 zeigen konnte, dass die Impfung mit Kuhpocken vor Pocken schützen konnte.